Geht man heutzutage durch die Mainzer Straße, dann bemerkt man nur noch wenig von ihrer bewegten Vergangenheit. Das Straßenbild ist geprägt von einer beeindruckenden Gebäudeszenerie. Die ältesten dieser Mietskasernen stammen noch aus dem ausgehenden 19. Jahrhundert und besitzen die für diese Zeit typischen Stuckfassaden im Stil der Neorenaissance. Die Häuser mit den Nummern 15 bis 19 stehen mittlerweile unter Denkmalschutz und wurden 1997/98 vom Land Berlin aufwändig renoviert.
Optisch unterscheidet sich die Mainzer nur wenig von den Straßen, die sie umgeben. Zwei „Spätis” wurden hier bereits eröffnet.
Hinzu kommen neue Cafés, eine Yoga- und Fahrschule. Anstelle vom Dönerladen etablieren sich kleine Restaurants, ein Schmuck- und Whiskygeschäft sowie weitere kleine Läden. Die Friedrichshainer Gentrifizierung hat auch die Mainzer Straße im Griff. Die zahlreichen neuen Geschäfte, eine große Grünanlage, gute Verkehrsanbindung und vor allem die Grundsanierungen spiegeln sich in den Mietpreisen wider. Wo vor fünfundzwanzig Jahren überhaupt keine Miete gezahlt wurde, steigt sie nun stetig.
Wenige Gehminuten von der Mainzer Straße enfernt kann man die bunten Fassaden der mittlerweile legalisierten Überreste der Besetzerszene erblicken. Die Mainzer sieht heute vielleicht nicht mehr so aus wie früher, doch die wenigen Jahre der linken Besetzung haben tiefe Wurzeln geschlagen, die bis heute Früchte tragen. Kulturprojekte, Flohmärkte und vor allem die jährliche Silvio-Meier-Demonstration haben hier ihren Ursprung.
Seit 2002 erinnert ein Stolperstein vor dem Haus Nummer 23 an Richard Miersch, der 1943 im Gefängnis Tegel ermordet wurde. Im Jahr 2006 kam ein Stein vor der Hausnummer 18 für Gertrud Luchterhandt hinzu.
Daniel Richter, März 2016